Bilanz einer Reise

36 Tage war ich unterwegs. Geplant hatte ich etwas länger, jedoch das kalte Wetter, meine Lendenwirbel- und ISG-Schmerzen und ehrlich gesagt auch das schwindende Budget vereitelten diesen Plan. Ich bereue es aber in keinster Weise frühzeitig nach Hause gefahren zu sein, im Gegenteil. Es war eine gute Entscheidung.

Mein Fazit dieser 36 Tage sieht wie folgt aus:

  • Ich liebe Italien; das Land, die Leute, das Meer und das Essen. Egal ob Norden oder Süden, die Landschaften Italiens bieten eine Menge Abwechslung. Kultur, Architektur, 20 verschiedene Regionen, von denen ich 10 durchfahren bzw. besucht habe, jede einzelne schön und Wert es zu besuchen. Auch die Sprache, obwohl ich nur brockenhaft italienisch kann, unterhalte ich mich und komme ganz gut durch. Manchmal verstehe ich zwar nicht, was mir geantwortet wird, doch mit Gestikulieren und langsamerer Erklärung gehts dann schon. 🙂
  • Paulina: Meine Paulina ist ein Glücksgriff. Keine Mucken, ein angenehmer Treibstoffverbrauch, war immer verlässlich und bot mir nachts ein bequemes Quartier. Sie brachte mich sicher durch 6 österreichische Bundesländer, 10 italienische Regionen und Slowenien wieder nach Hause. Insgesamt waren es ca. 4.000 km. Freue mich auf weitere Reisen mit meinem Campervan.
  • Straßen: Die Strassen – egal ob mautvergebührte Autostradas oder SS (Superstrada) oder SP (Strada Provinciale) sind schlichtweg eine Katastrophe. Klarerweise je mehr Landstrasse, desto schlimmer. Löcher, Steine, Löcher und nochmals Löcher. Mit meiner Paulina ist mir das besonders aufgefallen, denn in dem großen Auto wird man ordentlich geschüttelt und gerüttelt. Ich kam mir teilweise wie James Bonds Martini vor.
  • Italienisches Fahrverhalten: im ersten Augenblick bekommt man den Eindruck, die Italiener:innen können nicht Autofahren. Das stimmt so nicht. Sie fahren anders. Abenteuerlicher – Tempolimits, doppelte Sperrlinie, rote Ampeln, zwei Spuren – alles nur Empfehlungen. Hier alles aufzuzählen würde einen eigenen Blog benötigen. Ich erzähle es euch gerne persönlich. Sehr kreativ ist auch ihr Parkverhalten in Orten oder Städten. Egal ob der restliche Verkehr behindert wird oder nicht, die Autos stehen schräg in die Fahrbahn vor dem Geschäft, wo gerade eingekauft wird oder auch vor der Bar für ein Tratscherl mit anderen schrägparkenden Italienern (meist Männer, deshalb ohne gendern). Hauptsache nahe dort, wo sie hinwollen. Man beachte bitte die Doppeldeutigkeit bei „schrägparkend“, denn genau so ist es. Schräg.
  • Parken beim Golfplatz: Anders als bei uns, ist es in Italien nicht so gerne gesehen, wenn man am Parkplatz eines Golfplatzes parken und übernachten will. Viele Parkplätze rund um die Golfplätze sind auch privat. Hasi, das muss Golf-Genuss-Mobil noch einiges an Arbeit leisten!
  • Kulinarik: essen und trinken ist in Italien, egal wo an is(s)t, immer ein Burner! Aperol Spritz kostet unterschiedlich. Die Spanne reicht von €5,00 bis €15,00! Essen gehen ist relativ teuer, unter €30/Person kommt man nicht davon. Im Supermarkt oder Markt einzukaufen ist jedoch günstig. Zumindest in Apulien. Deshalb genoss ich es auch meine Paulina-Cucina öfter anzuwerfen. 🙂
  • Italiener:innen: mir sind nur freundliche, hilfsbereite und lächelnde Menschen aufgefallen. Vielleicht lag es auch daran, dass ich freundlich und lächelnd auf sie zugegangen bin. Sie nehmen nur an, wenn man ein paar Brocken italienisch einwirft, man beherrsche die schöne Sprache und antworten im Stakkatostil eines Maschinengewehres. Mi dispiace, non parlo italiano!

Learnings & Tipps

Auf einer längeren Reise mit einem Campervan lernt man jeden Tag, was man besser plant, wichtig oder eben unwichtig ist. Hier meine bisherigen Erfahrungswerte.

  • Alleine zu reisen ist toll, aber manchmal wollte ich es mit jemanden teilen. Oder ich reise zukünftig nicht zu lange alleine. Es gibt irgendwann einen Punkt, wo es fad wird. Alleine zu reisen ist auch teurer als zu zweit.
  • In der Off-Season hat noch fast alles geschlossen, auch Campingplätze. Nur in größeren Ortschaften hat max. ein Lokal geöffnet.
  • In der Off-Season – vor allem Übergang Winter/Frühjahr – kann es nachts sehr kalt sein. Auch tagsüber gibts keine Sonnengarantie!
  • Ich brauche daher unbedingt eine Standheizung. Oder ich reise zukünftig nur mehr in der warmen Jahreszeit. 😉 Dean empfahl mir den Rowenta Heizer mit Überhitzungsschutz um €39,00. Bingo! EDIT: Gerade bestellt 🙂
  • Man gewöhnt sich im Campervan an, ordentlich zu sein! Immer alles dort zurücklegen, von wo man es genommen bzw. ursprünglich platziert hat. Sonst findet man zB. das Feuerzeug nicht mehr. GsD bin ich in der Beziehung ein Monk. 🙂
  • Ich brauche einen Matratzenschoner für die Automatratze.
  • Äußerst hilfreich waren die Magnete, die ich beim Hornbach erstand. Muss noch mehr kaufen, vor allem die mit Haken. Sehr praktisch. ACHTUNG: höhere Zugkraft für schwerere Sachen, mind. 6/7 kg.
  • Nicht zu viel mitnehmen. Die Hälfte der Sachen, die ich mit hatte – egal ob Kleidung, Küchenutensilien, Lebensmittel, Schuhe – habe ich nicht gebraucht! Aber wer weiß denn das vorher. 😉
  • Das Aufladen des Laptops war leider immer eine Challenge. 220V Anschluss geht am Zigarettenanzünder nicht. Daher musste ich immer ein Lokal aufsuchen, wo ich meinen Laptop aufladen konnte. Irgendwie ist der Strom in Italien anders, als bei uns. Laptop ohne Probleme geladen, das Handy hat sich ganz langsam aufgeladen.
  • Daher: eigene Stromversorgung! Ich habe gelernt, eine tragbare Powerstation mit unterschiedlichen Stromanschlüssen für USB, 220V, 12V, macht mich stromautark. Da kann ich dann auch die Standheizung und Laptop anschließen. Dazu ein Ladekabel mit CEE Stecker, um den Akku bei den Stell- oder Campingplätzen wieder aufzuladen. Sehr cool!
  • Weiters wäre ein Klapptischerl fürs Outdoor-Essen nicht ungeschickt. Dann muss ich nicht mehr die Faltbox vom Metro als Esstisch zweckentfremden. Zwei Campingstühle hab ich ja.
  • Ein kleines Tischchen für die Rücksitzlehne muss ich auch anschaffen, damit ich mein Gläschen Prosecco oder Rotwein – wenn ich schon liege – für den Abendtrunk abstellen kann. Jetzt war es immer ein Balanceakt, den ich ohne Verschütten gemeistert habe. Tischchen ist aber einfacher.
  • Das Adapterkabel für den Kühli hätte ich vorher besser noch testen sollen. Nach einem Tag Nutzung gab dieses doofe Ding den Geist auf. Es stellte keine Stromverbindung mehr zum Kühli her. Sehr ärgerlich. GsD war es nachts so kalt, dass ich den Prosecco auch so kühlen konnte. Nein, der Kühli war in Ordnung, denn als ich ihn mit dem kurzen Originalkabel an den Akku des freundlichen Holländers anschloss, funktionierte er einwandfrei. Eindeutig: das Verlängerungs-Adapterkabel war fehlerhaft!
  • Der am Strand gefundene Wasserkanister mit 15l Fassungsvermögen war ein Glücksfall. Meiner steht nämlich noch bei Hubert in Steyr. Mit den Wasserflaschen hantieren ging zwar auch, war aber doch ein bisserl mühsam.
  • Spanngurte für die Matratze kaufen, damit ich auch das Bett zusammenklappen kann und bei Nichtnutzung mehr Platz in Paulina habe. Auch für zu verstauende Kisten ideal geeignet, damit sie nicht rutschen.
  • Auf alle Fälle führt mich demnächst mein Weg zur MA 48. Die haben einen sogenannten Öli. Mit umweltfreundlichem Müllsack und Streu ist es das ideale mobile WC, wenn mal keines in der Nähe ist. Mehr gehe ich jetzt nicht darauf ein. 😉
  • Ich überlege mir doch eine Außendusche anzuschaffen. Der Schweizer Wassersack mit Duschkopf und Duschschlauch lacht mich da an. Sonst bin ich immer an Stellplätze mit Dusche angewiesen. Dazu brauchts dann auch ein Duschzelt (auch für die Außennutzung des Ölis). Oder ich dusche einfach nicht. Ein Tag ist ja noch erträglich…
  • Highly recommended: die App „Park4Night“ empfiehlt tolle Stell- bzw. Übernachtungsplätze. Wie etwa in Matera die Masseria oder in Grado der kostenfreie Parkplatz direkt am kleinen Eingangshafen. Aber auch wo Plätze für das Entsorgen von Grauwasser zu finden sind, Angaben welche Serviceleistungen vor Ort angeboten werden, etc. erfährt man über diese App. Eine weitere super App ist Campercontact. Die kostet aber ein bisserl was.
  • Großartig waren auch die von Gabl genähten Vorhänge, um die Sicht in Paulina zu schützen.
  • Last, but not least, spare ich jetzt auf neue Autositze. Ich beginne mal mit dem Fahrersitz inkl. Drehmöglichkeit. Das tut meinem Rücken sicher gut!

Die Liste ist mit Sicherheit nicht vollständig. Für mich sind aber die wichtigsten Learnings. Vielleicht auch für den einen oder die andere ebenfalls nützlich, die sich demnächst mit einem Camping-Fahrzeug auf Reisen begibt.

Bon voyage, buon viaggio, have a nice trip, gute Reise!

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